Niemand sieht die Person dahinter. Alle blicken auf die Stirn und heucheln Verständnis... Sie sehen, analysieren, handeln... Einatmen, abstempeln, ausatmen... 

Seit Stunden gehe ich durch den Club und betrachte die verafften Kinder, welche uns nur noch als Futter dienen. Futter für unsere dreiundzwanzig Gramm. Ihre schlanken Körper bewegen sich im Takt, wie dünnes zerbrechliches Geäst in einer sanften Brise, die den Geruch von Endlichkeit über das Meer trägt. Unter ihnen die Üblichen. Allesamt sind Sie schlank, glatt rasiert, an Stellen, die Sie selten zur Schau stellen, und so schön... Ich spüre, wie meine Gedanken abdriften, hin zu Erinnerungen voller Extase. Vor nicht allzulanger Zeit habe ich eine von ihnen spinnenartig in mein Netz gelockt. Ihr Körper erzitterte schamlos und obszön unter meinem Biss. Ich ließ Sie das Abbild ihres persönlichen „Prinzen“ sehen, der Sie rettet aus ihrem Alltag, während ich ihr Blut in mich hineinschlang, ohne auch nur einen Gedanken an Sie zu verschwenden. Hätte Sie irgendwann den Tod verdient, wenn sie weiter zerbrochen wäre, bis sie selbst zerbrechen muss? Dieses kleine Püppchen aus Glas, so zerbrechlich mit dem Geruch von Alkohol auf den Lippen und dem Geschmack von... einer Daunenfeder auf einem seidenen Laken... Diesen Gedanken halte ich fest und erwehre mich der Bestie in meinem inneren. Es ist ein Akt des Willens.

Ich konzentriere mich wieder auf meine Aufgabe. Sie mustern mich nicht. Niemand würde mich auch nur annähernd als das erkennen, was ich wirklich bin. Meine Kleidung ist den Menschen hier angepasst. Mein Haarschnitt ist heute kurz, als würde er „herauswachsen“, wie Sie es nennen. Die schwarze Jeans und das schwarze T-shirt tun ihr übriges. Niemand wird sich hier jemals an mein Gesicht erinnern können. An einem Tisch sehe ich Sie, das Objekt. Der Auftrag war präzise. Ich bewege mich zu ihrem Tisch und achte darauf, dass ich meinen Schritt nicht beschleunige. Meine Körperhaltung spiegelt die eines der Ihren wieder, leicht angetrunken. In einer Hand habe ich ein halbvolles Glas mit Bier, die Andere habe ich in meiner Hosentasche. Sie ist wie all die anderen. Nichts auffälliges umgibt Sie, bis auf die Halskette, die Sie trägt. Es sind Perlen, aneinandergereiht wie Tropfen von Blut. Sie sind weiß, wie die Augen eines Blinden. Ihre Haare, genauso wie bei all den Anderen, lassen Sie hier blass und matt erscheinen. Bei ihr ist ein Mann. Sie unterhalten sich. Er ist auch keiner von uns, der Geruch ist zu präzise... Vielleicht ein Wächter. Ich trete an den Tisch und stelle das Glas ab.
„Susanne?“ frage ich. eloquent bildet sich ein lächeln auf ihrem Gesicht, als sie zu dem Mann sieht. Er hebt eine Augenbraue. Wie schnell es doch geht... Einatmen, abstempeln, ausatmen... Sie ist es. Die Zeit steht still.


Ich ziehe die Pistole, bevor Jemand reagieren kann, ziele, schieße. Die Kugel dringt in ihre Stirn ein, liebkost die Haut, den Schädel und das Hirn, bevor sie alles verschlingt. Ihr Hinterkopf verteilt sich wie in Zeitlupe auf der Wand. Durch den Schock versteift sich ihr Körper. Ich lasse ihm keine Zeit und schieße ihr in die Brust. Gleicher Effekt, jedoch ohne Hirn. Dennoch ziele ich beim dritten Schuss ein wenig höher. Dann wende ich meine Waffe dem Begleiter zu. Ich bin schneller als er. Ein Schuss reicht, Munition ist teuer. Jetzt kommt Bewegung und Gekreische in die Menge. Ich bewege mich mit ihnen mit. Mein Gesicht ist jetzt vor panischer Angst verzerrt, die Waffe wieder versteckt. Meine rudernden Arme unterstreichen meine Hilflosigkeit. „Oh mein Gott?“ höre ich „Hilfe!“ gröle ich mit. Welch eine Persiflage...

... zur Tür hinaus.
Ich entkomme.

Dann frage ich mich, ob sie das Geld wert war.